
„Das Herz der AWO fühlen“

Ich kann mich noch gut an meinen ersten Tag bei der AWO erinnern: Das war im Februar 2006, an einem Donnerstag. Ich wurde von meinem Vorgänger Nezir Bajdo Begovic in die Beratungstätigkeit eingeführt und dann ging’s los: Seitdem bin ich bei der AWO Seniorenarbeit und arbeite unter anderem in der interkulturellen Begegnungs- und Beratungsstätte im Horst-Fitjer-Weg in Hannovers Nordstadt.
Meine Kollegin und ich bieten hier jeden Dienstag und Donnerstag offene Beratungen in unterschiedlichen Sprachen an: Deutsch, Türkisch, Bosnisch, Kroatisch und Serbisch. Meistens dreht es sich um Fragen zur sozialen Absicherung, altersgerechtes Wohnen, Rentenangelegenheiten, Krankenpflegeversicherung, Rückkehrberatung und so weiter. Aber auch für familiäre Probleme oder Sorgen wird manchmal unser offenes Ohr gebraucht.
Auch an allen anderen Wochentagen ist im Horst-Fitjer-Weg viel los, hier treffen sich die unterschiedlichsten Gruppen, die von vielen Ehrenamtlichen geleitet werden: Es gibt Clubnachmittage mit Kaffee und Kuchen, ein Erzählcafé, die Handarbeitsgruppe, die Lyrikgruppe, eine Deutsch-Konversationsgruppe und vielleicht auch bald wieder einen Chor. Und an jedem Freitag gibt es bei uns als gefördertes Projekt der Bürgerstiftung Hannover den interkulturellen Mittagstisch, an dem ebenfalls viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer beteiligt sind – für einen Euro gibt es ein frisch gekochtes Mittagessen in einer großen, geselligen Seniorenrunde.
Insgesamt haben wir erfasst, dass circa 200 bis 250 Personen pro Woche aus 15 verschiedenen Ländern unsere Begegnungsstätte besuchen – und damit haben wir ein ziemlich einzigartiges Angebot! Aus Gesprächen mit Kollegen wissen wir, dass viele soziale Einrichtungen in ganz Deutschland sich so einen guten Zugang zu Senioren aus unterschiedlichen Ländern wünschen. Doch das ist nicht immer ganz einfach, denn manche Migranten verlieren im Alter den Kontakt zu Menschen aus der Mehrheitsgesellschaft, unterhalten sich weniger in der deutschen Sprache, werden unsicherer, ziehen sich zurück und vereinsamen zum Teil. Die Sprache ist dann meistens der Schlüssel. Und unsere Offenheit. Bei der AWO wird die Offenheit gegenüber Menschen unterschiedlicher Kulturen wirklich gelebt. Hier werden die Menschen so aufgenommen wie sie sind, unabhängig von irgendwelchen Konfessionszugehörigkeiten. Es wird nicht gefragt: Wo kommst du her? Welche Religion hast du? Politische Themen werden gar nicht diskutiert. Da sitzt man an einem Tisch und respektiert sich, auch wenn man vielleicht unterschiedlicher Ansichten ist. Und niemand wird komisch angeguckt, alle sind willkommen. Das ist die gelebte Vielfalt der AWO. Für mich ist genau das der Türöffner, um mit Menschen der unterschiedlichsten Nationalitäten in Verbindung zu kommen, der Weg zur erfolgreichen interkulturellen Sozialen Arbeit!
Für unsere Begegnungsstätte wünsche ich mir derzeit vor allem ein sicheres Dach über dem Kopf – im Moment ist durch Umbaumaßnahmen des privaten Vermieters noch nicht klar, wo genau unsere Reise hingeht. Schwierige bauliche Verhältnisse erschweren leider unsere Arbeit und unsere Pläne.
Trotzdem sind die Menschen, die zu uns kommen, sehr dankbar und geben uns immer wieder die Rückmeldung, dass sie sich bei der AWO angenommen fühlen. Nein, mehr noch: Dass sie das Herz der AWO fühlen.