Der Schlüssel zum Glück

Der Schlüssel zum Glück

Slava

Ich bin Slava, 28 Jahre alt, und arbeite mittlerweile seit zehn Jahren beim AWO Kreisjugendwerk Hannover. Da ich derzeit in Heilbronn wohne und deswegen nicht permanent zum Arbeiten in Hannover sein kann, betreue ich während der Ferien Kinder und Jugendliche beim Jugendtreff „El Dorado“.

Das „El Dorado“ ist ein großes Gelände in Badenstedt am Rande von Hannover. Außerhalb der Stadt gelegen, gibt es dort viel Natur, einen Fußball- und Volleyballplatz, eine Grillstelle und einen Platz für ein Lagerfeuer. Das Gelände liegt quasi mitten im Nirgendwo und ist deswegen gerade für Stadtkinder cool, weil sie dort eine andere Atmosphäre kennenlernen.

Vor 14 Jahren bin ich von Russland nach Deutschland gezogen. Ich ging zur Realschule Badenstedt und meine Freunde erzählten mir immer, dass sie nachmittags ins „El Dorado“ gingen und ich doch auch mal mitkommen solle. Gesagt, getan. Mir gefiel es dort auf Anhieb sehr gut und ich habe mich schnell wohl gefühlt. Hier habe ich auch Jürgen kennengelernt, der damals im „El Dorado“ Betreuer war.

Jürgen ist für mich ein echtes Vorbild geworden. Er hat mich unterstützt, als ich nach meinem erweiterten Realschulabschluss nicht wusste, welchen Weg ich in meinem Leben einschlagen sollte. Ich habe viel Zeit mit ihm verbracht und mein Fachabitur auf einer Wirtschaftsschule gemacht. Danach habe ich in Salzgitter studiert: BWL-Transport und Logistikmanagement. Ich habe Jürgen so viel zu verdanken.

Egal was ich beruflich gemacht habe, die Kinder und Jugendlichen waren mir persönlich so wichtig, dass ich für sie immer Zeit gefunden habe. Als ich die Nachtschicht bei der Post übernommen habe, war ich für die Kinder wieder ab 14 Uhr da und habe eine AG geleitet. Eigentlich wollte ich die AG „Russische Sprache und Kultur“ anbieten, um den Kindern ein Stück von meiner Kultur zu zeigen, aber die Nachfrage war leider nicht groß genug. Deswegen rief ich die Rugby AG ins Leben und habe zusätzlich bei der Tanz-AG mitgeholfen.

Da ich als Jugendlicher im „El Dorado“ so viel Zeit verbracht habe und es für mich wie ein zweites Zuhause wurde, lag es nahe, dort auch anzufangen zu arbeiten. Ich wollte das gute Gefühl, das ich dort als betreuter Jugendlicher erfahren hatte, auch anderen Kindern und Jugendlichen weitergeben. 2008 begann ich dann mit 18 Jahren, diesen Plan zu verwirklichen und habe die Juleica-Gruppenleitercard gemacht. Ich hatte immer davon geträumt, über die Öffnungszeiten hinaus im „El Dorado“ zu bleiben. Und als Betreuer hab ich dann den Schlüssel bekommen. Das war für mich schon ein sehr einprägsamer Moment, der mich wirklich sehr glücklich gemacht hat.

Bei der Ferienbetreuung bin ich für Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren zuständig. In den Ferien gibt es jeden Tag ein anderes Programm. Um 9:30 kommen die ersten Kinder. Sie können sich dann entscheiden, ob sie an der Aktivität am Morgen oder am Nachmittag teilnehmen wollen. Voltigieren, Fußball, Rugby und Volleyball: Hier können sich die Jugendlichen so richtig austoben. Auch Programmpunkte wie das Basteln von Perlenarmbändern, die Herstellung von Gipsmasken oder trommeln, kommen gut an.  Früher wurde auch Kochen angeboten, aber da in den Ferien auch mal 80 Jugendliche vorbeischauen, wurde dieses Angebot gestrichen und die Teilnehmerzahl bei den meisten Aktivitäten auf zehn begrenzt. Nach der Ferienbetreuung bin ich immer richtig platt, aber es ist es jedes Mal wert.

Momentan arbeite ich als Schicht- und Produktionsleiter und bin für Transportboxen für Automobile zuständig. Ich habe mich bewusst dazu entschieden, hauptberuflich nichts Soziales zu machen, da ich daran so viel Spaß habe und ich mir es nicht zur Verpflichtung machen möchte. Ich hätte Angst, dann die Lust daran zu verlieren. Allerdings bringt mich die Erfahrung aus der Kinder- und Jugendarbeit auch bei meiner jetzigen Arbeit voran. Als Schichtleiter übernehme ich genau wie im „El Dorado“ die Verantwortung für Menschen. Ob Klein oder Groß – im Endeffekt gibt es keinen Unterschied, nur die Probleme sind anders. Ich glaube, weil ich den Umgang mit Menschen so schätze, macht mir meine derzeitige Arbeit auch so viel Spaß.

Obwohl ich ja schon 28 Jahre alt bin, vor kurzem sogar Vater geworden bin und meine eigene kleine Familie habe, komme ich ins „El Dorado“ und die Zeit bleibt stehen. Dort vergesse ich alles, fühle ich mich wieder wie mit 17 Jahren. Hannover ist mein Zuhause, das „El Dorado“ mein Zweites und deswegen arbeite ich so gern für die AWO. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ich das irgendwann nicht mehr machen möchte.