
Ein Anlass, um Danke zu sagen

Ich danke den Menschen, die sich vor 100 Jahren für die Grundwerte: Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit eingesetzt und die Arbeiterwohlfahrt ins Leben gerufen haben. Ich danke den Menschen, die vor fast 30 Jahren, von den Grundwerten überzeugt, und mir, in meiner Notlage geholfen haben.
Damals als junge, neugierige, von der sozialistischen Lebensart befreite Frau, habe ich in Hannover ein ganz neues, unbekanntes aber freies Leben begonnen. Es folgte eine tolle Beziehung, Glück, erstes Kind, ein zweites Kind war unterwegs und dann, genau der Reihenfolge nach, folgte die Trennung, die große Enttäuschung, eine angedrohte Ausweisung aus Deutschland, zusammen addiert – das schreckliche Gefühl „keinen Boden unter den Füßen zu haben“. In diesem Moment der Hoffnungslosigkeit wurde ich auf ein Hilfsangebot für alleinerziehende Mütter und Väter im Emmy-Lanzke-Haus der AWO aufmerksam.
Obwohl ich in Deutschland den Werten im Alltag überall begegnete, habe ich sie bei der „AWO“ besonders stark ausgeprägt empfunden. Die Toleranz, Geduld, vollstes Verständnis und vor allem die Vorurteilungslosigkeit hat mich beeindruckt und verblüfft, weil ich es in dem Umfang nicht kannte. Zu der Zeit sprach ich sehr schlecht Deutsch, doch die Menschen haben sich geduldig meine Geschichte angehört, sich bemüht mich zu verstehen, und mir das Gefühl gegeben, beschützt zu sein.
Ab diesem Zeitpunkt hatten wir ein Dach über dem Kopf, die finanziellen und Aufenthaltsangelegenheiten wurden geregelt und das Leben ging aufwärts. Endlich ging es uns gut, ich hatte Halt und Sicherheit, was sich besonders positiv auf die Kinder ausgewirkt hat. Es war eine gute Zeit. Nachdem die Angelegenheiten geregelt wurden, meine zweite Tochter geboren wurde und ich eine Wohnung für uns gefunden hatte, habe ich das Emmy-Lanzke-Haus verlassen. Ich habe Platz für die nächsten Bedürftigen gemacht. Stabil, mit geregelten gesetzlichen Lebensgrundlagen ausgestattet, habe ich mich auf den Weg ins selbstständige Leben gemacht.
Irgendwann haben die „AWO“ und ich uns aus den Augen verloren, bis ich – dieses Mal – aus glücklichen Lebensumständen im Jahr 2002 wieder auf die AWO stieß. Seitdem sind 16 Jahre vergangen. Ich bin bei der AWO, hauptamtlich und ehrenamtlich beschäftigt. Ich fühle mich der 100-jährigen Geschichte der Arbeiterwohlfahrt verpflichtet und bin eine stolze Mitarbeiterin, die die Grundwerte der AWO lebt und weitergibt.
Die Grundwerte: Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit sind wie ein Schatz zu behandeln, den man schützen, vervielfältigen, und dann großzügig verteilen soll.