Ein leichteres Leben

Ein leichteres Leben

Rüdiger Hauschild

Das Soziale lag mir eigentlich schon immer. Als ich mich jedoch nach der Schulzeit über passende Studiengänge, wie beispielsweise Sozialpädagogik, informiert habe, kam schnell die Ernüchterung. Eine Menge Literatur mit vielen Fachwörtern stand auf dem Lehrplan. Darauf hatte ich nicht ganz so viel Lust und entschied mich daher für ein Studium in einem ganz anderen Bereich. Wenige Jahre später hatte ich dann meinen Abschluss in der Tasche und konnte mich Diplom-Agraringenieur nennen. Sozial engagiert habe ich mich als Student aber trotzdem, indem ich Kinderferienfreizeiten angeleitet und organisiert habe.

1990 war ich dann jedoch arbeitslos und versuchte mit einem Arbeitsberater den passenden Job für mich zu finden. Zu der Zeit wurden Computer gerade modern und mein Vermittler meinte, ich solle doch mal auf dem PC nach einer passenden Stelle für mich im sozialen Bereich suchen, Quereinsteiger würden doch immer gesucht. Gesagt, getan. Während meiner Suche stieß ich zum ersten Mal auf die AWO.

Es war eine ABM-Stelle in Itzehoe ausgeschrieben, die mich sehr interessierte. Der Leiter der AWO Einrichtung hatte verschiedene Projekte geplant und bot mir die Leitung für eines davon an. Ich war überrascht, welches Vertrauen mir entgegengebracht wurde und sagte zu. Dort konnte ich mein Wissen aus dem Studium und meine Leidenschaft für die soziale Arbeit verbinden. Bei dem Projekt haben wir uns an arbeitslose Erwachsene gerichtet, die Lust auf Landschaftspflege und Naturschutz hatten. Ehe ich mich versah, bearbeitete ich Aufträge, kontrollierte die Maschinen und hatte vor allem ein offenes Ohr für die Menschen.

Nach dem Projekt zog es mich nach Hamburg. Ich half jugendlichen Arbeitslosen, wieder zu einer neuen beruflichen Perspektive zu gelangen. Dort wurde mir klar, dass ich die Arbeit mit jungen Menschen liebe und ich darin aufgehe. Wegen meiner Frau bin ich dann Anfang 2000 nach Hannover gezogen. Ich bewarb mich bei der damaligen AWO Stadt Hannover und leitete einige Monate später zwei Modellprojekte in der Jugendberufshilfe. 2006 engagierte ich mich beim AWO Ortsverein Barsinghausen bei der dortigen Tafel, einer Organisation, die an Bedürftige Lebensmittel austeilt.

Seit mittlerweile schon zehn Jahren arbeite ich für die AWO Region Hannover beim Jugendwohnen im Stadtteil. Am Standort Linden helfe ich jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren bei der Wohnungssuche, in Krisensituationen und bei der Entwicklung einer neuen Lebensperspektive. Zu meinen täglichen Aufgaben gehört das Begleiten zu Behörden, Helfen beim Ausfüllen von Anträgen, aber auch das Aufzeigen von Möglichkeiten der Finanzierung zum eigenständigen Leben. Ebenfalls bin ich in der Verwaltung von acht Wohnungen tätig, denn die AWO ist der einzige Träger der Jugendwohnbegleitung, der einen eigenen Hauskomplex für junge Erwachsene anbietet. In Linden bietet die AWO acht bezahlbare Ein- und Zweizimmerwohnungen an, die für zwei Jahre angemietet werden können. 

Häufig kommen die jungen Erwachsenen aus prekären Familiensituationen. Deswegen ist es umso besser, dass mein Büro im Erdgeschoss des Hauskomplex liegt. Genauso wichtig, neben Organisation, Verwaltung und Hilfestellung, ist es den Menschen die Last abzunehmen und mit ihnen über ihre Probleme und Sorgen zu sprechen. Wir kümmern uns zum Beispiel um Mieter, die Gewalt im Elternhaus erfahren oder die keinen Schulabschluss gemacht haben. Durch Zusatzausbildungen als Coach und im Bereich Trauma habe ich theoretische und praktische Grundlagen gelernt, die oftmals ziemlich hilfreich sind.

Mittlerweile sehe ich mein nicht vorhandenes pädagogisches Studium als Vorteil. Da ich frei von theoretischem Ballast bin, finde ich meistens einen unkonventionelleren Weg, der oft Erfolg erzielt.

Das Vertrauen, welches ich von der AWO erfahren habe, lasse ich jeden Tag in meine Arbeit einfließen und versuche damit, dass Leben der jungen Erwachsenen aus dem Jugendwohnen im Stadtteil ein bisschen leichter werden zu lassen.