
Ein Lichtblick für Hadish-Adi

Täglich treffe ich auf circa 90 Menschen aus vielen verschiedenen Ländern mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen, denn ich arbeite im Beratungszentrum für Integration und Migration (BIM). Da ich die Menschen in Empfang nehme, bin ich quasi das erste Gesicht, was sie sehen. Ich bin Tesfazghi Teweldebrhan, in der AWO bei allen nur als Tes bekannt. Am Empfang lasse ich mir erstmal das Anliegen erklären, um sie dann zum richtigen Berater oder andere Fachbereiche zu schicken. Zusätzlich übernehme ich bei der AWO auch noch Verwaltungsaufgaben. Ich sorge für die Vernetzung der verschiedenen Geschäftsstellen und kümmere mich um Bestellungen.
Ursprünglich komme ich aus Hadish-Adi, einem kleinen Dorf im zentralen Hochland von Eritrea. Früher habe ich jedoch auch schon einige Zeit in Frankfurt gewohnt, bis ich mich dazu entschloss, dabei zu helfen, meine Heimat in Eritrea nach den Kriegsschäden wieder aufzubauen. Das gestaltete sich jedoch schwierig, denn es brach erneut Krieg aus und ich flüchtete wieder zurück nach Deutschland. Da ich Verwandtschaft in Hannover hatte, wollte ich dort von vorne anfangen.
Mein Ziel war es, meine schwangere Frau aus Eritrea zu mir nach Hannover zu holen und Arbeit zu finden. Dazu nahm ich die Hilfe des Beratungszentrums für Integration und Migration in Anspruch. So entstand auch der erste Kontakt zur AWO. Deshalb stand ich nicht immer am Empfang, sondern kenne auch die andere Seite. Das war im Jahr 2000. Damals wurde ich von Marga Wiehler beraten. Mir hat damals besonders gefallen, dass sie so kompetent, menschlich und einfühlsam war. Daher ist es vermutlich keine große Überraschung, dass ich mir vorstellen konnte, selbst bei der AWO zu arbeiten. Glücklicherweise hat auch die Familienzusammenführung geklappt.
Also schrieb ich direkt eine Bewerbung und traf auf Susann Czerner, die mich einarbeitete. Der nette, menschliche Umgang fand sich auch in der Einarbeitung wieder. Es dauerte nicht lange, bis ich vollständig im Team integriert war. Ich verbringe auf der Arbeit mehr Zeit als Zuhause, aber das ist gar nicht schlimm, weil mir die Arbeit so viel Spaß macht. Auf der Arbeit sind wir wie eine große Familie. Deshalb verbringe ich auch abseits der Arbeit viel Zeit mit meinen Kollegen. Wir trainieren seit 2000 beispielsweise freitags am Maschsee das Laufen, weil wir als Team jedes Jahr beim Marathon „AWO rennt“ mitmachen.
Als ich dann schon sechs Jahre bei der AWO beschäftigt war, kam mir die Idee, meinem Heimatdorf Hadish-Adi mit einem Entwicklungsprojekt zu helfen. Eritrea litt und leidet heute noch immer unter den Kriegsfolgen und den allgemein schwierigen politischen, sozialen und klimatischen Bedingungen in Afrika. Ziel war es, Spenden zu sammeln, die den circa 2400 Einwohnern von Hadish-Adi eine Trinkwasserversorgung garantieren sollte. Die Kommune in Hadish-Adi plante ein Wasserdammprojekt. Um jedoch Trinkwasser dauerhaft zu erhalten und zusätzlich Wasser für die Bewässerung der Felder und somit für den Aufbau der Landwirtschaft gewinnen zu können, wurde ein Wasserreservoir benötigt. Dieses sollte mit den Spendengeldern gebaut werden.
Spenden wurden gesammelt, doch die Umsetzung scheiterte. Stattdessen wurden die Gelder dafür verwendet, in dem eritreischen Dorf einen Brunnen zu finanzieren. Die Umsetzung gelang und 2017 wurde der Brunnen eingeweiht. Mit Hilfe der AWO gelang es uns, dieses Herzensprojekt umzusetzen, worüber ich sehr glücklich und sehr dankbar bin.
Da ich die AWO Werte so großartig finde, bin ich seit Jahren AWO Mitglied. Ende des Jahres gehe ich zwar in Rente, jedoch möchte ich mich weiterhin ehrenamtlich engagieren.