„Es sind viele Freundschaften entstanden“

Als Teenager bin ich von Köln nach Hannover gezogen, um mich um meine älter und später pflegebedürftig werdenden Verwandten zu kümmern. Über unsere Nachbarin Berta Turnier, die mit der AWO Vorsitzenden Margarete Hofmann durch die gemeinsame Widerstandszeit in der NS-Zeit befreundet war, kam ich in Kontakt zur AWO in Hannover. Ich erzählte ihr, dass ich eine Arbeitsstelle suchte und sie vermittelte mir die Bewerbungsmöglichkeit.
Zuerst arbeitete ich als Kindergärtnerin und Hortnerin in der Kita Freytagsstraße in der Südstadt. Als die AWO Betreuerinnen für eine Ferienfreizeit im Sommerlager der Stadt Hannover in Otterndorf suchte, meldete ich mich und kam so auch zur offenen Jugendarbeit der AWO. Mit den anderen Betreuerinnen und Betreuern luden wir die Kinder im Anschluss an die Freizeit ein, um ihnen ein wöchentlich regelmäßiges Gruppeangebot in Hannover zu machen. Mit dieser Gruppenarbeit begann ich im Freizeitheim Linden. Später setzten wir die Gruppenarbeit im AWO-Stützpunkt ‚“Ernst-Korte-Haus“ in Linden über viele Jahre fort. In der Folge entstanden auch weitere Gruppen an verschiedenen AWO Standorten, so zum Beispiel in der Helmholtzstraße in Hainholz und im Heim Freundschaft in der Gottfried-Keller-Straße im Stadtteil List-Nord. Aus diesen Gruppen entwickelten wir das Kreisjugendwerk der AWO in Hannover, das ich dann im Stadtjugendring Hannover, einem Zusammenschluss der freien Jugendorganisationen, vertrat. Etliche Jahre leitete ich den Stadtjugendring auch als Vorsitzende. Zur Jugendarbeit gehörten auch verschiedene internationale Jugendaustauschprogramme. Die AWO in Hannover und die FFC aus Rodez (Südfrankreich) begannen 1969 einen bis in die 1980er Jahre anhaltenden Kinder- und Jugendaustausch, gefördert von deutsch-französischen Jugendwerk. Der Stadtjugendring und die Jugendpflege der Stadt Hannover entwickelten langjährige Austauschprogramme, vor allem mit Hiroshima in Japan, Poznań in Polen, Bukarest in Rumänien, an denen ich maßgeblich beteiligt war. Daraus entwickelten sich die Städtepartnerschaften mit Hiroshima und Poznań. Wir waren mit unserer Jugendarbeit die Pioniere dafür und das Jugendwerk der AWO war immer dabei. Noch heute habe ich sehr gute, freundschaftliche, persönliche Kontakte nach Japan, Polen und Frankreich. Mit den Gasteltern für den Hiroshima-Austausch haben wir eine Deutsch-Japanische Gesellschaft, den Freundschaftskreis Hannover-Hiroshima gegründet, deren Ehrenvorsitzende ich heute noch bin.
Mein Engagement bei der AWO hat auch dazu geführt, dass ich ein Studium der Sozialen Arbeit angefangen habe. Während des Studiums war ich weiter ehrenamtlich für die AWO im Jugendbereich tätig und arbeitete während der Semesterferien auch im Kindergarten oder Hort. Nach dem Studium ging ich zur AWO zurück und arbeitete hauptamtlich in der Organisation der Seniorenarbeit und der Hauspflege. Die ehrenamtliche Arbeit für das Kreisjugendwerk und den Stadtjugendring ging unter der Woche und in den Sommermonaten weiter. Über den Stadtjugendring kam ich zur stimmberechtigten Mitwirkung im Jugendwohlfahrtsausschuss, heute Jugendhilfeausschuss. Mein Engagement in der SPD führte mich Ende der 1980 er Jahre auch in den Rat der Landeshauptstadt Hannover, dem ich eine Wahlperiode angehörte. Noch heute wirke ich beratend in den Ausschüssen „Jugend“ und „Soziales“ mit.
Als bei der AWO in Hannover eine Stelle im Fachbereich Kindertagesstätten zu besetzen war, wechselt ich das Arbeitsfeld. Schwerpunkte neben der Fachberatung waren die Fortbildung für Erzieher/innen und das Personalwesen. Im weiteren Verlauf wurde ich stellvertretende Geschäftsführerin im Kreisverband Hannover-Stadt.
Durch meine Arbeit hatte ich immer engen Kontakt und Austausch mit den Vorstandsmitgliedern der AWO. Einige hatten sich für die AWO schon vor 1933 engagiert, arbeiteten im Untergrund im Widerstand zusammen und waren nach 1945 sofort wieder dabei, die Organisation aufzubauen. Sie standen uns jungen Mitarbeitenden immer zur Verfügung und vermittelten uns die Werte der AWO. Als ich 1965 anfing, waren wir schon 300 angestellte Mitarbeitende. Heute arbeiten bei uns mehr als 1300 Beschäftigte in fast allen Felder der sozialpädagogischen und sozialen Arbeit. Wir haben uns also sehr stark weiterentwickelt. Ich hatte die Chance, diese Entwicklung aktiv und verantwortlich mit zu gestalten. Noch heute bin ich für „meinen“ Verband in verschiedenen verantwortlichen Funktionen ehrenamtlich tätig, zum Beispiel im Vorstand der AWO Region Hannover, den Aufsichtsräten der gemeinnützigen Tochtergesellschaften und dem Zukunftsforum Familie, dem familienpolitischen Verband des AWO Bundesverband.
Die AWO hat mir ein weites Betätigungsfeld ermöglicht und mich immer bei der Entwicklung meines Engagements gefördert und unterstützt. Das war und ist eine gemeinsame Gewinnsituation. Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt bei der AWO und hatte immer die Möglichkeit, mich weiterzubilden und mich für meine Überzeugungen fachlich und politisch einzusetzen. In meiner Tätigkeit sind viele Freundschaften entstanden, die bis heute anhalten.