Zum Erinnern

Zum Erinnern

Adalbert Mauerhof

Vor 25 Jahren bin ich zur AWO gekommen. Davor hatte ich noch keine Berührungspunkte mit der Arbeiterwohlfahrt. Ich war damals in anderen Gebieten der sozialen Arbeit beschäftigt. Unter anderem arbeitete ich mit arbeitslosen Jugendlichen und auch in einer therapeutischen Wohngemeinschaft in Florida. Nachdem ich Vater geworden war und die Elternzeit genutzt hatte, war ich wieder auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle. Zufällig stieß ich auf eine ausgeschriebene Stelle der AWO, auf die ich mich bewarb und dann auch bekam.

Mein Aufgabenfeld war die Mitgliederentwicklung, also neue Ansätze und Ideen zur Gewinnung neuer Mitglieder entwickeln, und die Betreuung der bestehenden Mitglieder. Zusätzlich zur Arbeit absolvierte ich ein Aufbaustudium und schrieb an meiner Diplomarbeit zum Thema Ehrenamt. Studium und Arbeit ließen sich gut miteinander verbinden. Eine meiner ersten Aktionen bei der AWO war es, Kontakt zu den älteren AWO Mitgliedern aufzunehmen, mich vorzustellen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Besonders beeindruckten mich dabei die Erlebnisse mehrerer Frauen der Nachkriegsgeneration. Deren Geschichten faszinierten mich so sehr, dass ich das Bedürfnis hatte, sie für die Nachwelt zu erhalten und initiierte eine Geschichts-AG. Hier hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich gegenseitig ihre Erlebnisse und Geschichten aus dem Krieg zu erzählen. Aus den so unterschiedlichen und vielfältigen Geschichten folgte dann später eine Ausstellung über die AWO nach dem Krieg.

In vielen der Erzählungen und Berichte standen die Werte der AWO Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit im Vordergrund. Zwei dieser Geschichten sind mir ganz besonders im Gedächtnis geblieben:

Die erste Geschichte handelt vom Heim Freundschaft – einer Begegnungsstätte für Jung und Alt, die unter dem Motto „Wir bauen Freundschaft“ in den 50er Jahren von engagierten SPD- und AWO-Mitgliedern eigenhändig gebaut wurde. Um den Hausbau zu finanzieren, entwickelten sie tolle Ideen. So wurden beispielsweise symbolische Bausteine verkauft, um den Aufbau und die Arbeit der Begegnungsstätte zu finanzieren. Im Haus trafen sich seitdem junge und alte Menschen zu gemeinsamen Fernsehabenden, Diskussionsrunden, Vorlesungen und Theaterabenden oder um einfach Zeit miteinander zu verbringen.

Die zweite Geschichte handelt von Herta Hedrich, die mit ihrer Art und ihrem Engagement stellvertretend für viele andere Ehrenamtliche in der AWO steht.  Sie war damalige Abteilungsleiterin in Hainholz und hat bis ins hohe Alter Fahrten organisiert und betreut, Treffen geleitet und Mitgliedsbeiträge kassiert. In den 50er Jahren war sie mit ihrem Mann aus dem Osten geflohen und nach Hannover gezogen. Da ihr Mann und sie SPD-Mitglieder waren, sind sie beide damals sofort in die AWO eingetreten. Herta Hedrich ist zutiefst von den AWO Werten überzeugt, die sie bis heute lebt und nach denen sie handelt.  Sie hatte immer ein offenes Ohr für alle Menschen und setzte sich für sie ein.

Am Anfang meiner beruflichen Laufbahn hatte ich zur Arbeiterwohlfahrt nicht viele Berührungspunkte, aber die sozialdemokratische Bewegung mitsamt den Menschen, die die AWO Werte lebten und leben, wie Herta Hedrich, haben mich überzeugt. Sie sind nach wie vor Vorbilder für mich, und ich setze mich dafür ein, diese Ideale und das Engagement für die Arbeiterwohlfahrt auch zukünftig zu erhalten.