
Zusammen Musizieren

Vor über 20 Jahren im Jahr 1998 startete mein Herzensprojekt bei der AWO: der Musikgarten. Damals war ich Finanzbeamtin und hatte schon einige Unterrichtserfahrung im Steuerrecht gesammelt.
Ines, eine Freundin bei der AWO, kam auf mich zu und erzählte, dass die AWO Leitungen für Musikgarten-Kurse suche. Bis dahin war mir das Konzept noch nicht bekannt. Ich hatte auch keine musikalische Ausbildung absolviert, war aber eine leidenschaftliche Sängerin in jeder Lebenslage. Der Musikgarten war eigentlich genau das Richtige, da meine Söhne Jan und Leon erst zwei und vier Jahre alt waren und ich die Kurse bei der AWO auch nach meinen Bedürfnissen planen konnte. Und Musik mit anderen Familien zu teilen, war wunderbar.
Der Musikgarten ist ein musikpädagogisches Konzept, nach dem Kinder schon ab dem Säuglingsalter zusammen mit den Eltern gemeinsames Musizieren erleben können. Ziel ist es, Musizieren zu einem festen Bestandteil des Familienlebens zu machen. Die Kinder sollen die Gelegenheit bekommen, ohne Leistungserwartungen Musik selbst zu gestalten. In einer Musikgartenstunde kommen in der Regel zehn Eltern-Kind-Paare zusammen. Den Musikgarten gibt es für Babys bis 18 Monate und für Kinder bis drei und fünf Jahre. Die Inhalte der Stunden sind jeweils auf das Alter und den Entwicklungsstand der Kinder angepasst.
Da ich bisher weder beruflich noch privat Erfahrungen mit dem Musikgarten gesammelt hatte, tastete ich mich vorsichtig ran. Ich recherchierte viel und machte Fortbildungen. Meine ersten Übungsstunden absolvierte ich in der Krabbelgruppe meiner eigenen Kinder. Als schließlich alles so lief wie ich mir das vorstellte, hatte ich meine erste Stunde als Kursleiterin des Musikgartens bei der AWO. Ich betreute am Anfang hauptsächlich die Ein- bis Anderthalbjährigen mit ihren Eltern, später dann auch zusätzlich die Baby-Kurse. In dem Projekt steckt sehr viel Leidenschaft und Herzblut. Mit der Zeit wurde ich immer kreativer und entwickelte eigene Konzepte. Die Ideen wurden zuhause bei meinen Kindern erprobt und perfektioniert. Beispielsweise passte ich mich den Jahreszeiten an und wir verwendeten im Herbst Nüsse und Kastanien. Mir war es auch wichtig, am Ende jeder Stunde noch kleine Dinge, wie zum Beispiel Marienkäfer aus Steinen zu gestalten, damit die Kinder ein Andenken an die Stunde hatten und sich zu Hause immer wieder an die Kursstunde erinnern konnten.
Bis Ende 2009 leitete ich den Musikgarten und gab auch viele Fortbildungen für Kolleginnen und Kollegen. Mittlerweile bin ich beruflich wieder in der Finanzverwaltung tätig, erinnere mich aber sehr gerne an den Musikgarten und die tolle Stimmung in den Stunden. Es war wunderbar mitzuerleben, wie Musik die Beziehung zwischen Kindern und Eltern stärkt. Darüber hinaus ist der Musikgarten auch ein Ort der Gemeinschaft, an dem Familien mit Kindern, gleich ob beeinträchtigt oder nicht, aus verschiedenen sozialen Schichten und Kulturen, sowie mit unterschiedlich ausgeprägten musikalischen Vorerfahrungen zusammenkommen und mit Musik dieselbe Sprache sprechen. Die Freude an Musik habe ich auch an meine eigenen Kinder weitergegeben. Sie spielen beide mehrere Instrumente und der jüngere Sohn hat gerade sein Debütalbum herausgebracht. Hineinhören lohnt sich.